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Mindful Photography: Warum das Unbekannte zu wagen neue Kreativität entfacht und wo es zu finden ist

Achtsamkeit als Vehikel in einen erstaunlichen, kreativen Flow


Kreativität ist eine Bewegung. Eine Bewegung vom Gewohnten, Bekannten, Bewährten, hin zum Unbekannten. Allerdings ist diese Sphäre ungewohnt, bisher ungekannt. Da sie das ausmacht, erliegt man meist einer schwerkräftigen Tendenz zum wohl Bekannten. Zumindest fühlt man sich dort wohl, weiß, wie alles funktioniert, kennt sich gut aus. Kreiert allerdings auf diese Weise nicht viel Neues, nichts, was sonderlich oder lange in Erinnerung bliebe, da weder Aha-Momente oder großes Staunen sich zeitigen.


Zu wissen, wohin man sich bewegt, erleichtert die Reise ungemein. Gibt es denn eine Karte, um vom Bekannten zum Unbekannten zu gelangen? Eine Karte wäre wahrscheinlich sehr individuell, für jeden beginnt schliesslich die Sphäre des ihm/ihr Unbekannten an einer anderen Stelle. Ein erprobtes, sogar äußerst Sprit sparendes Vehikel gibt es allerdings! Achtsamkeit - als Stille, Atmen, und im besten Fall die Innenschau, transportiert sie einen in die meist gemiedene Sphäre des Unbekannten.


'Selbst', 2023 © Dr. Christine Lehr


Man möchte einwenden, dass es einem doch so unbekannt nicht sei, still zu werden, den Blick nach innen zu richten, und atmen, na das tut man doch sein ganzes Leben. Doch das Fahrzeug der Achtsamkeit hat einen besonderen siebten Gang. Wie beim Galopp eines Pferdes, der sich bei höchster Geschwindigkeit plötzlich wie wolkenweich anfühlt, oder beim Phänomen des runners' high, bei dem aus stetiger, monotoner Bewegung ein schwebendes Hochgefühl entsteht, oder man denke an einen Klavierspieler, der das erste Mal eine gespielte Fuge fühlt, während seine Hände wie selbstständig über die Tasten gleiten.


Endlose Beispiele des Flows lassen sich finden, denen allen eines gemeinsam ist - keine Gedanken. Eine monotone Bewegung scheint dorthin zu führen. Achtsamkeit ist im Gegensatz zu physischen Bewegungen eine der gelenkten Aufmerksamkeit. Der Körper bleibt unbewegt, während einzig die Aufmerksamkeit wie eine Taschenlampe die aufkommenden sinnlichen Sensationen beleuchtet, beispielsweise den Atem, dem auch eine gewisse Monotonie zu eigen ist. Achtsamkeit in dieser konzentrierten Form praktiziert kann in den sagenumwobenen Flow führen, ein einnehmendes Gefühl der Zeitlosigkeit induzieren.


Raum und Zeit rücken in den Hintergrund, der Galopp, das Schweben, die Musik in den Vordergrund. Die Gegenwart öffnet ihre leicht übersehbaren weil meist gemiedenen doch prächtigen Tore in einen warm beleuchteten Garten großblättriger, exotischer Blüten, sie verströmen den Duft von Zimt und Orangen eines wohlig warmen Nachhausekommens.

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