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Mindful Photography: Die Rosine, der Augenblick und ich

Ein klassisches MBSR-Experiment gemünzt auf die Photographie


Um Achtsamkeitsneulingen einen Vorgeschmack auf den Sinn und Zweck jeder Achtsamkeitsübung zu geben, lautet ein therapeutisches Setting wie folgt: Eine Rosine, zehn Minuten, und ich. Darin liegt ein erstaunliches Phänomen, das auf den ersten Blick von der etwaigen Ungeduld moderner Geisteshaltung übertönt sein kann - der Augenblick.


Sind wir es doch gewohnt, vielen Dingen auf einmal unsere Aufmerksamkeit zu geben, dadurch schnell ungeduldig, sobald der Fokus einmal gehalten werden soll, kann eine so simple Übung eine große Herausforderung sein. MBSR ist ein achtwöchiges, therapeutisches Programm, mindfulness based stress reduction, worin diese Übung zu finden ist.


'Rosine', Regensburg, 2021 © Dr. Christine Lehr


Und sie geht so: Ich suche mir eine Rosine und verbringe mit ihr die nächsten zehn Minuten. Fühlen, riechen, sehen, hören, es darf gespielt werden mit der Rosine auf jede erdenklich sinnliche Weise. Bevor ich sie an die Lippen führe, auf die Zunge lege und dort weitere achtsame Nachforschungen anstelle. Ein ausgiebiges Rendezvous mit der Rosine.


Für den achtsamen Photographen lässt sich ein ähnliches Erlebnis ersinnen - ein einziges Objekt seiner Wahl und fünf verschiedene photographische Eindrücke davon, jeder in einer anderen Stimmung. Zum Beispiel ein Wasserglas auf dem Tisch. Es lässt sich Brennweite, Belichtung, Tiefenschärfe oder Komposition variieren, um jeweils eine unterschiedliche Atmosphäre zu erzeugen.


Sinn und Zweck dieser Übung ist zweierlei. Zum einen ist sie eine ergiebige praktische Übung, sich auf ein Objekt zu beschränken, dafür mit den Kameraeinstellungen zu spielen, um ein besseres Gefühl für die Möglichkeiten technischer Machbarkeit zu bekommen. Zum anderen, und im besten Fall geleitet einen diese Übung in den Augenblick mit seiner Rosine. Und mündet in ein achtsames photographisches Rendezvous.

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