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Achtsamkeit und Intersein - In Gedenken an den buddhistischen Zen-Meister Thich Nhat Hanh

Engagierter Buddhismus, Intersein und ein Leben im französischen Exil


In der Nacht zum Samstag, den 22. Januar 2022, ist einer der wichtigsten Friedensaktivisten unserer globalen Gesellschaft gestorben. 1926 in Vietnam geboren setzte sich Thich Nhat Hanh schon früh für die Verbreitung eines engagierten Buddhismus ein, und gründete 1949 eine buddhistische Bildungseinrichtung in Saigon. Er studierte Religionswissenschaften an der Universität Princeton und lehrte an der Columbia Universität.


Nach einem Machtwechsel in Vietnam kehrte er 1964 dorthin zurück, und gründete im selben Jahr den Tiep-Hien-Orden, den Intersein Orden als spirituelle Widerstandsbewegung. Während des Vietnamkriegs hatten er und seine buddhistische Anhängerschaft immer wieder Rückschlage und Todesfälle erlitten beim Wiederaufbau bombardierter Ortschaften.


1965 wandte sich Thich Nhat Hanh an Martin Luther King, der ihn in seiner Friedensmission unterstützte und im folgenden Jahr für den Friedensnobelpreis vorschlug. Sein gesamtes Leben hindurch setzte sich Thich Nhat Hanh auf der Grundlage eines engagierten Buddhismus, nicht nur eines Gelehrten- oder monastisch zurückgezogenen Buddhismus, für den Frieden auf unserem Planeten ein.


Dr. Martin Luther King Jr. und Thich Nhat Hanh, Chicago, 1966 © Plum Village


Auch aufgrund seiner Mitgliedschaft in der buddhistischen Delegation für Friedensverhandlungen für Vietnam 1969 in Paris wurde er von der vietnamesischen Regierung als persona non grata eingestuft. Und lebte fortan im französischen Exil. Doch er gab nicht auf, und gründete die Vereinigte Buddhistische Kirche von Vietnam, sowie das Europäische Institut für Angewandten Buddhismus.


Thich Nhat Hanh verfasste zahlreiche Bücher zum Thema Achtsamkeit und buddhistischer Geisteshaltung, die maßgeblich für eine Verbreitung buddhistischen Denkens im Westen sorgten. 1982 gründete er Plum Village, ein buddhistisches Begegnungs- und Retreat-Zentrum, 150 km südöstlich von Paris, das bis heute jährlich tausende Buddhisten und Laien besuchen.


Interbeing bzw. Intersein ist ein von Thich Nhat Hanh schon früh geprägter Ausdruck für die Verwobenheit aller Dinge, Phänomene und Situationen. Dieser Begriff ist eng verwandt mit der buddhistischen Idee des bedingten Entstehens oder des Entstehens in Abhängigkeit. Alles besteht und entsteht nur innerhalb der Verbundenheit mit allem anderen.


Intersein fundiert so auch die von Thich Nhat Hanh formulierte Ethik: "...ich bin das zwölfjährige Mädchen, Flüchtling in einem Boot, die sich nach der Vergewaltigung durch einen Seeräuber ins Meer stürzt, und ich bin der Seeräuber, mein Herz noch nicht imstande zu sehen und zu lieben..."

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